Berufsunfähigkeitsrente in der gesetzl. Rentenversicherung

Quelle H-P Schwintowski, Wirtschaftsrechtler der Humboldt-Universität Berlin

Im Rahmen der rot-grünen Sozialpolitik ist vor 20 Jahren (am 31.12.2000) die Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verschwunden und das, obwohl jeder vierte Beschäftigte im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig wird. Ersetzt wurde sie durch die Rente wegen Erwerbsminderung (Erwerbsminderungsrente). Dadurch wurde das Sozialstaatsprinzip, das im Artikel 20 des Grundgesetzes verankert ist, verletzt. In einem Sozialstaat soll der Staat für eine hinreichende Grundversorgung im Bereich der Kranken-, Renten-, Berufsunfall- und Pflegeversicherung sorgen. Die Berufsunfähigkeitsrente soll eine lang andauernde, dauerhafte Erkrankung eines Menschen, durch die er seinen Beruf nicht oder nur zu einem erheblichen Teil nicht ausüben kann, absichern.
Weiterhin ist der Staat dem Gewährleistungsprinzip nicht nachgekommen, das ebenfalls im Artikel 20 des Grundgesetzes verankert ist. Dieses soll die öffentlichen Aufgaben sicherstellen und gewährleisten, dass diese Aufgaben erledigt werden. Der Staat soll hierbei eine Grundversorgung bereitstellen. Diese Grundversorgung ist aber bei den privaten Berufsunfähigkeitsversicherern nicht gegeben.

Die Versicherungswirtschaft grenzt systematisch bestimmte Berufsgruppen und vorerkrankte Menschen aus. Diese finden entweder gar keine Versicherung, oder sollen Prämien aufbringen, die für sie nicht bezahlbar sind. Auch wenn eine Versicherung gefunden wird ist nicht klar, dass der Versicherungsschutz greift. Es erhalten später im Versicherungsfall nur 70% aller Beschäftigten, die eine Leistung wegen Berufsunfähigkeit beantragen, tatsächlich auch Leistungen.
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung ist nur ein Geschenk an die Versicherungswirtschaft, bei der sie aussuchen kann, wen sie versichert und wen nicht. Das Modell der privaten Absicherung ist, wie bei der Rente, gescheitert.

Es ist festzustellen, dass sich die als Ersatz eingeführte Erwerbsminderungsrente ständig im Sinkflug befindet. Auf Druck der Sozialverbände und der Gewerkschaften wurde vor vier Jahren beschlossen, nachzubessern und eine mögliche Förderung für Berufsunfähigkeitsversicherungen beschlossen. Aber derzeit gibt es keine einzige Versicherung, die ein solches Produkt auch anbietet. Eine Grundabsicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit muss wieder Teil der gesetzlichen Renten – respektive Krankenversicherung werden.

Fazit von Herrn Schwintowski:

Es sollte schnellstens geprüft werden, ob im Wege einer Verfassungsbeschwerde eines berufsunfähig gewordenen Menschen, der nun keine Sozialleistung bekommt, der Staat zum Handeln verpflichtet werden kann. Die Gewerkschaften sollten Druck auf die Abgeordneten und Organe des Bundestages erhöhen, sie hätten nämlich die Möglichkeit, eine abstrakte Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht zu erheben.

gekürzt verfasst von A. Muth

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